Modenschau, Heft Nr. 183, März 1928

Modeabbildungen und redaktionelle Inhalte aus der deutschen Modezeitschrift Modenschau (Illustrierte Monats-Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 183 vom März 1928. Herausgegeben vom Verlag Gustav Lyon, Berlin.

Seiten insgesamt: 64 (vollständig online)

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64 Seiten

Titelseite bzw. Cover der deutschen Modezeitschrift Modenschau (Untertitel: Illustrierte Monats-Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 183 vom März 1928. Beschreibungen der farbigen Umschlagseite. J 4272: Kleid aus rotem Wollrips für Mädchen von 4 bis 8 Jahren. Weiße Kragen- u. Bündchengarnitur. Brusttasche. Stoffverbr.: 1,25 m, 130 cm breit. Schnitt 75 Pf. J 4273: Nachmittagskleid aus rosenholzfarbenem Kasha mit brauner Blendengarnitur u. Bandschleife am Umlegekragen. Die eingesetzten Faltenpartien des Rockes schließen mit Patten ab. Die obere Gürtelblende ist durch Einschnitte geleitet. Stoffverbr.: 2,60 m, 130 cm breit. Schnittgröße 44 und 46. Preis 95 Pf. J 4274: Jumperkleid aus kakaofarbenem feinen Wolltrikot. Der Rock ist durch Faltengruppen erweitert. Am Jumper Biesen und Stoffeinfassung sowie farbige, vorn durch Einschnitte geleitete Krawatte. Stoffverbrauch: 2,70 m, 130 cm breit. Schnittgr. 42, 44, 46 und 48. Preis 95 Pf. Preis pro Heft: 70 Pfg., mit Schnittmusterbog. 80 Pfg., hierzu ortsübl. Zustellgebühr. Verlag Gustav Lyon, Berlin SO 16 — Auslieferung für den Buchhandel in Deutschland Wilhelm Opetz, Leipzig. Titelillustration/Titelzeichnung: unbekannt/unsigniert.

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Titelseite der Modenschau (Untertitel: Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 183 vom März 1928. Artikel: Wedekind, Anna P., Der Achtstundentag der Hausfrau (von Anna P. Wedekind, Lebensdaten unbekannt). Die Fotografie im Zentrum der Seite zeigt eine junge Frau, die am Tisch sitzend gebannt die August Ausgabe der Modenschau von 1926 durchliest. Die Bildunterschrift lautet „Eine Fülle von Anregungen vermitteln die hochwertigen Hefte Ihrer ‚Modenschau‘. [Unterschrift von] Grete Reinwald [1902-1983]“. Foto: Alexander Binder, Berlin, (1888-1929). [Wedekind, Anna P., Der Achtstundentag der Hausfrau.] Es gibt allerlei tröstliche Sprichwörter und Zitate, die den Menschen darüber hinwegtäuschen sollen, daß er arbeiten muß. Aber was nützt selbst die philosophischste Bemerkung, daß Arbeit des Menschen Lebenszweck sei, was die — im übrigen durch das Gegenteil hinreichend widerlegte — Behauptung, Arbeit versüße das Leben, wenn man immer nur arbeiten und arbeiten muß und niemals eigentlich ein bißchen Zeit für sich selbst findet? Man möchte doch gern einmal so recht mit Bewußtsein faulenzen, so absolut gar nichts tun, die Hände still im Schoß halten und mit den Gedanken spazieren gehen, man möchte — man möchte eben mal nicht arbeiten! Eigentlich haben es die Leute, die einen Beruf haben, da viel besser, als die vielgeplagten Hausfrauen! Für sie gibt es Gesetze über die Heilighaltung der Feiertage, über die Regelung der Arbeitszeit — die Hausfrau aber arbeitet noch immer nach dem Schillerschen Rezept: »… und rastet nimmer!« Es soll damit keineswegs der heute oft so sehr rasch angestimmte Ruf nach gesetzlicher Abhilfe erhoben werden. Die Eigenart der Hausf[r]auenarbeit [sic!] macht es ganz unmöglich, schematische Vorschriften über Umfang und Dauer der Arbeit zu erlassen; wer eine »Hausgehilfin« hat, weiß schon aus eigener Erfahrung, daß die für deren Arbeitszeit gültigen Bestimmungen nicht strikt eingehalten werden können, sondern durch gütliches Übereinkommen mit dem helfenden Hausgeist ersetzt werden müssen. Ebensowenig kann man ein für alle Mal erklären: »Es muß auch für die Hausfrau der Achtstundentag eingeführt werden!« Großreinemachen, häusliche Feste, Krankheitsfälle werden dies Programm schon genügend abändern. Aber nichts steht im Wege, daß jede einzelne Hausfrau für sich und ihr Haus als Grundgesetz die ideale Dreiteilung des Tages: »Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen, acht Stunden Erholung und Lebensfreude« einführt — wer Gesetze gibt, kann sie ja auch wieder abändern, wenn es nötig wird. Man muß sich nur einmal darüber klar werden, wo der Hebel anzusetzen ist. Die ernste Forschung hat sich heute überall der Aufgabe gewidmet, die Rationalisierung der Arbeit zur prüfen und zu verbessern — der Begriff »Arbeitswissenschaft« ist ein Kind unserer Zeit, das sich trotz seiner Jugend schon recht kräftig und brauchbar entwickelt hat. Warum sollte man also nicht auch einmal die Hausfrauenarbeit unter die Lupe nehmen und auf ihre Rationalisierungsfähigkeit untersuchen. »Rationalisieren«? Das klingt sehr würdevoll und männlich-sachlich; im Grunde bedeutet es weiter nichts als die Kunst, mit dem möglichsten Mindestmaß an Arbeit das möglichste Höchstmaß an Erfolg zu erzielen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß die Hausfrau dies Ziel auch ohne tiefgründige wissenschaftliche Vorstudien in ihrem Wirkungsbereich erreichen kann. Allerdings gehört eins dazu: die Erkenntnis, daß jeder Haushalt einen richtigen Betrieb kaufmännisch-technischer Natur darstellt und dementsprechend zu leiten ist. Man würde einen Fabrikbesitzer auslachen, der heute noch nach den Methoden arbeiten läßt und disponiert, wie sein Vater und sein Urgroßvater es taten. Aber bei den meisten Hausfrauen findet man noch immer die Ideen und Arbeitsweisen, die sie im Haushalt ihrer Mutter einst kennengelernt haben. Ja, es klingt vielleicht wenig liebenswürdig (Wahrheiten haben das ja nun mal an sich!): die Mehrzahl der Hausfrauen… [Fortsetzung auf Seite 2.] [Seite] 1

S. 2

Artikel: Wedekind, Anna P., Der Achtstundentag der Hausfrau (von Anna P. Wedekind, Lebensdaten unbekannt). Passend zum Artikel sind drei Fotografien abgebildet. Die Bildunterschriften lauten [Foto links] „So arbeitet die moderne Hausfrau: Kartothek, Notizbuch und Arbeitsplan sind die Grundlagen richtiger Arbeitseinteilung! (Erika Renal [deutsche Schauspielerin, Lebensdaten unbekannt]). Photo: Becker Maass“, [Foto oben rechts] „Die praktische Hausfrau braucht während der Mahlzeit nicht in die Küche zu gehen: alle Gerichte kommen zugleich auf den Tisch, auf der elektrischen Warmplatte und unter der Wärmeglocke bleibt alles hübsch warm! (Die Schauspielerin Erika Renal und der Filmschauspieler Borwin Walth [1882-ca. 1956]). Photo: Becker & Maass“ sowie [Foto rechts unten] „‚Wenn ich vom Spaziergang wiederkomme, hat die gute Kochkiste das Mittagessen fertig gekocht!‘ (Erika Renal). Photo: Becker & Maass“. Fotos: Atelier Becker & Maass, Berlin. [Wedekind, Anna P., Der Achtstundentag der Hausfrau.] [Fortsetzung von Seite 1] … steht dem Fortschritt — soweit er sich auf Haus- und Küchenarbeit erstreckt — noch immer sehr wenig teilnehmend gegenüber. Hier ist also schon ein Punkt, an dem energisch reformiert werden muß, wenn wir zum Achtstundentag der Hausfrau gelangen wollen! Aber noch wichtiger als die Arbeitsmethoden sind in jedem Betriebe — also auch im Haushalt — die richtigen Dispositionen. Hand aufs Herz, meine verehrten Hausfrauen: wer von Ihnen arbeitet heute schon mit Kartothek und Arbeitsplan? In der verhältnismäßigen Ruhe des Sonntagnachmittags legen Sie sich vielleicht Pläne im Kopfe zurecht: »Montag könnte man die Fenster putzen lassen, am Donnerstag ist Waschtag — ja, und dann muß mal der Boden aufgeräumt werden, und dann liegt da ein Berg Flickwäsche, und dann… und dann…« So kommen Sie bestimmt nicht zu einer rationellen Arbeitsein- und -verteilung! Gehen Sie ruhig einen Schritt weiter, nehmen Sie einen hübschen weißen Bogen und teilen Sie ihn ungefähr so ein, wie Ihr Stundenplan in seliger Schulzeit aussah. Nun rufen Sie Ihre »Perle« — vorausgesetzt, daß Sie zu den wenigen Glücklichen gehören, die ihren Haushalt nicht allein zu versorgen haben — und besprechen mit ihr erst in großen Zügen, dann im Einzelnen, was an den einzelnen Tagen für besondere und was für sich stets wiederholende Arbeiten in der nächsten Woche erledigt werden müssen. So kommen Sie sehr schön zu einem Wochenprogramm, bei dem man natürlich mit der Zeit für die einzelnen Arbeiten nicht allzu knapp rechnen darf, um die Gewähr zu haben, daß es eingehalten werden kann. Solch Arbeitsplan ist für Sie und Ihre etwaige Hilfskraft schon ein gewaltiger Schritt vorwärts! Er erspart der Hausfrau die ständige Überlegung: »Was muß jetzt erledigt werden?» und hilft auch den Hilfstruppen im Hause zur Selbständigkeit im Arbeiten. Und nun zur Kartothek, der unerläßlichen Denk- und Suchhilfe jeder rationellen Arbeit! Wie oft hört man Frauen darüber klagen, daß sie eine so ausgezeichnete Adresse hatten — aber sie können leider den Zettel nicht finden, auf dem sie notiert war. Oder: man will einen Bekannten oder einen Lieferanten anrufen und weiß die Telefonnummer nicht mehr. Oder: man hatte in der »Modenschau« ein ausgezeichnetes Fleckmittel gefunden, das man gerade jetzt so gut brauchen könnte — nur hat man leider das Heft verlegt, die Nummer vergessen oder findet den Ausschnitt, den man gemacht hatte, nicht mehr. Die Reihe dieser »Oder's« läßt sich beliebig fortsetzen; all diese Vorkommnisse bedeuten eins: suchen — suchen — suchen —! Und das kostet Zeit, Zeit, die auch für die Hausfrau wertvoll ist. Auch der Geschäftsmann hat tausend Dinge zu wissen nötig, die er in jedem Augenblick brauchen kann, er sammelt sie schon längst in der Kartothek. Ein paar Mark nur kostet ein geräumiger Kasten, in den man nach bestimmten, stets individuell zu schaffenden Richtlinien die dünnen Pappkärtchen sammelt, auf denen man alles notiert, was von dauerndem Wert für den Haushaltsbetrieb sein kann: Adressen, Rezepte, und was man sonst gern aufbewahrt wissen möchte, ohne sein Gehirn mit der Fülle solchen Wissens zu belasten. Als Ergänzung gehört dazu das Notizbuch, ohne das eine moderne Hausfrau überhaupt nicht sein … (Forts. Seite 50.) [Seite] 2

S. 3

Artikel: Mahrlen, E., Moderne Kombinationsmöbel (von E. Mahrlen, unbekannter Autor). Die beiden passend zum Artikel abgebildeten Fotografien zeigen die Innenräume eines Wohn- und Arbeitszimmers und eines modernen Schlafzimmers mit Balkon. Die Bildunterschriften lauten „Großer Wohnraum im Haus Max Taut, Berlin (Photo: Dr. Lossen & Co.)“ und „Der Sekretär ist wieder modern! Zimmer in der Werkbundausstellung ‚Die Wohnung‘, Stuttgart“. Fotos: Dr. Lossen & Co. (Dr. Otto Lossen, Dresden, 1875-1938). [Seite] 3

S. 4

Artikel: Wentz, Paulina, Wundervoll ist Bacchus Gabe (von Paulina Wentz, unbekannter Autor). Das Foto im Zentrum des Artikels zeigt die deutsche Filmschauspielerin Lee Parry [1901-1977] im Stilkleid mit weitem Taftrock und einem gefüllten Glas Wein in der rechten Hand. Mit der linken Hand umfasst sie eine überdimensionierte Flasche Champagner. Die Bildunterschrift lautet „Ob Lee Parry, der bekannte Filmstar, die ganze Flasche trinken will? (Photo: Becker & Maass.)“. Foto: Atelier Becker & Maass, Berlin W. [Seite] 4

S. 5

Artikel: Wentz, Paulina, Wundervoll ist Bacchus Gabe (von Paulina Wentz, unbekannter Autor). Das Foto im Zentrum des Artikels zeigt die ungarische Sängerin und Schauspielerin Irene Ambrus [1904-1990], die im kurzen, leichten Kleidchen auf einem breiten Sockel sitzt, mit einer Hand ein Glas in die Höhe hebt und in der anderen ihre Perlenkette hält und dabei kokett in die Kamera lächelt. Die Bildunterschrift lautet „Irene Ambrus, die beliebte Operettensängerin trinkt auf das Wohl unserer Leser. (Photo: Becker & Maass.)“. Foto: Atelier Becker & Maass, Berlin. [Seite] 5

S. 6

Artikel: Stöcker, Lydia, Der Hauptkampf in der Familie. Mutter und Tochter (von Lydia Stöcker, 1877-1942); Reuter, Gabriele, Zur Verteidigung der Mutter (von Gabriele Reuter, 1859-1941). Im Zentrum des ersten Artikels ist eine Fotografie der Autorin Lydia Stöcker abgebildet. [Stöcker, Lydia, Der Hauptkampf in der Familie. Mutter und Tochter.] Eins ist unbestreitbar: das letzte Jahrzehnt hat im Leben der Frau gewaltigere Umwälzungen gebracht als früher Jahrhunderte. Nie ist daher die Kluft zwischen den Frauen zweier aufeinanderfolgender Generationen so tief — so unüberbrückbar tief gewesen — wie zwischen den Müttern und Töchtern unserer Zeit; zwei Welten scheinen sie zu trennen. Generationen und aber Generationen hatten ihre Töchter zu einem Ziel erzogen: für den Mann, zur Ehe. Viele Mütter können noch heute nicht los von diesem Ideal, und Wendungen wie: „Mit solchen Anschauungen wirst du nie einen Mann bekommen…“, oder: „laß solche Dinge nur nicht vor Männern hören“, können wir noch jetzt in allen Variationen hören; — jede Ausbildung, jeder Erziehungszweck ist hier einzig „Vorbereitung zur Ehe“. Aber das junge Mädchen von heute weiß, daß seine Heiratsaussichten durch den Menschenverlust des Krieges vermindert sind. Es sucht mit kühler Nüchternheit — die der aus einem pathetischen Zeitalter stammenden Mutter unbegreiflich ist — sich wirtschaftlich selbständig zu machen, Geld zu verdienen, sich unabhängig zu machen. Unabhängigkeit aber ist der Weg zur Freiheit, und von dieser Freiheit haben die Töchter der neuen Generation mit einer — den Müttern unfaßbaren — Selbstverständlichkeit Gebrauch gemacht. Es gibt Mütter — aber sie sind selten, — die ihre neue Stellung begreifen und sie mit feinem Humor, mit feiner, leiser Selbstverspottung tragen, sie versuchen, über den Dingen zu stehen. Viel häufiger ist der zweite Typ; sein Kennzeichen ist: „Gewähren lassen“. Die Töchter drücken das so aus: „Ich habe mir meine Mutter erzogen“. Man sieht Freunde und Freundinnen der Tochter kaum, fragt nicht, wo sie hingeht, falls sie es nicht mitzuteilen für richtig findet, übernimmt manchmal sogar die Sorge für gewisse Äußerlichkeiten wie Instandhaltung der Kleider usw., dankbar für jene wenige Zeit, die das Mädchen einmal zu Hause zubringt, bloß, um sich nicht einzugestehen, wie völlig fremd man sich innerlich ist. — Dieser resignierten Mutter ist jene, die von sich glaubt, daß sie in allem mit ihrer Tochter „mitgehe“, nahe verwandt; und für sie ist kein Wort kennzeichnender als dies: „Meine Mutter sagt mir alles“. Wie oft habe ich es gehört. Welch schwere Selbsttäuschung; — jeder Fremde weiß mehr von ihrer Tochter als sie selbst. Viel gefährlicher aber sind die Mütter, die das Vertrauen ihrer Kinder erzwingen wollen, die ihnen ihr „Jungmädchenideal“ aufnötigen wollen. Kontrolle der Lektüre, des Kino- und Theaterbesuchs, der Freundschaften. Alles Maßnahmen, die heute samt und sonders, wenigstens in der Großstadt, ebenso undurchführbar wie aussichtslos sind. Das junge Mädchen will weder behütet, noch bewahrt, noch von allem Bösen und Häßlichen ferngehalten sein; es will selbst kämpfen, selbst Erfahrungen machen. Handelt es sich um eine offene und ehrliche Kämpfernatur, so wird es zu leidenschaftlichen Auseinandersetzungen, zu ebenso heftigen Kämpfen kommen, wie sie einst der Bruder dem Vater gegenüber auskämpfte. Und setzt die Mutter dem dann wieder Unerbittlichkeit entgegen, so wird die Tochter versuchen, außerhalb des Elternhauses, auf eigenen Füßen stehend, sich ihr Recht der Lebensgestaltung zu erzwingen. So lange das Mädchen minderjährig ist — es sind mir solche Fälle begegnet — (wo übrigens der Kampf gegen beide Eltern ging), sind die Schwierigkeiten meist unüberwindlich. Ist das Mädchen dann mündig, dann ist sie zuweilen schon mürbe. Oder aber, der Kampf bricht erst jetzt in seiner ganzen Heftigkeit aus. Aber die Angst, völlig auf sich gestellt zu sein, ist, anders als beim Proletariermädchen — zu groß. Ja, mir sind Fälle bekannt, wo man nach einem „Fluchtversuch“ einfach ins Elternhaus zurückkehrte. Natürlich gibt es auch Mütter und Töchter, die beide nach den alten Idealen leben und auch in ihnen durchaus glücklich sind. Viel häufiger aber ist der andere Ausweg: man schafft sich heimlich die Freiheit, die man ehrlich und offen nie bekommen würde: Beschwindeln der Mutter. Hat man den Weg erst einmal beschritten, so entwickelt man sich schnell und findet immer neue Möglichkeiten, die Wege zu gehen, die man gehen möchte, während die Mutter ihre Tochter da wähnt, wo sie sie haben möchte. Wie dieser Kampf ausgehen wird? Wir wissen es nicht. Es ist anzunehmen, daß die heranwachsenden jungen Mädchen ihren Töchtern einmal mit mehr Verständnis gegenüberstehen werden, als die Mütter der heutigen Generation, und daß der Hauptkampf noch in unseren Tagen ausgefochten werden wird. [Reuter, Gabriele, Zur Verteidigung der Mutter.] Die Periode des Kampfes zwischen Vater und Sohn, die in der Literatur einen so ergiebigen Niederschlag gefunden hat, ist, wenigstens für die Öffentlichkeit, erledigt. Zur Diskussion steht gegenwärtig das Thema: Mütter und Töchter. Warum nicht Vater und Töchter? Die Gründe liegen nahe, sind zum Teil biologischer Natur: das junge, auf blühende Mädel hat mehr Respekt vor dem anderen Geschlecht, fühlt im Vater die Anziehungskraft des Männlichen. Und der Kampfstoff, der zwischen Vätern und Töchtern zu Kastastrophen führt: die Berufsfrage, sie ist ein für allemal durch die Not der Zeit aufgehoben. Der Vater verlangt selbst, daß die Töchter früh lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Die Mutter verlangt dasselbe. Doch während der Vater, nach Männerart, die notwendigen Konsequenzen zieht, ist die Mutter zwar in der Idee begeistert für die berufstätigen Töchter, scheitert aber an hundert großen und kleinen Unbequemlichkeiten, die sie ja viel mehr betreffen als den Vater. Sie fängt an zu nörgeln — und hat die Liebe der Mädchen schon verloren — die Achtung wirft die Jugend dann schnell hinterdrein. Liebe — gestehen wir es uns — steht heute nicht allzu hoch im Kurs. Dankbarkeit für das von der Mutter mit Qualen und Schmerzen erkaufte Leben der Tochter wird von dieser keineswegs empfunden — sie sieht ihr Dasein skeptisch und unbarmherzig hellsichtig, wie die Jugend heute zu sein pflegt — als einen harten und bitteren Kampf mit Enttäuschungen jeder Art durchwoben vor sich. Viele junge Menschen fühlen deshalb ihre Geburt zum Leben nur als eine Schuld der Mutter gegen sie, die sie mit lebenslanger Hörigkeit und Dienstbarkeit gegen die Töchter kaum abfragen kann. Während der Ausbildungszeit des jungen Mädchens muß die Mutter ihr jeden Stein aus dem Weg räumen, später ist der Verdienst selten groß genug, um die Tochter wirklich selbständig zu machen. Sie wird die Hilfe des Elternhauses, vor allem in Kost und Wohnung, reichlich in Anspruch nehmen. Sie leistet der oft mit Arbeit überbürdeten Mutter keinerlei Hilfe. Gut, der Beruf und die ihr notwendigen Vergnügungen lassen ihr keine Zeit — … [Fortsetzung auf Seite 7.] [Seite] 6

S. 7

Artikel: Reuter, Gabriele, Zur Verteidigung der Mutter (von Gabriele Reuter, 1859-1941). Im Zentrum des Artikels ist eine Fotografie der Schriftstellerin und Autorin des oben genannten Artikels Gabriele Reuter abgebildet. Foto: Elvira, München (Hof-Atelier Elvira, gegründet 1887, Auflösung 1928). [Reuter, Gabriele, Zur Verteidigung der Mutter.] [Fortsetzung von Seite 6] … aber hätte sie denn auch keine Zeit zu Freundlichkeit und herzlichen, anerkennenden Worten? — Das junge Mädchen von heute ist eine seltsame, noch unvergorene Mischung von Virilität und angeborener Weiblichkeit, die sie fortwährend in sich bekämpft — ja, will sie vorwärtskommen, auch bekämpfen muß! Gefühlswärme, ein wenig Sentimentalität, ein sanfteres Tempo, gütige Rücksichtnahme, feine Form im Geben und Nehmen, alles, was man bisher Herzenskultur der Frau nannte — und was die Junge fortwährend in sich bekämpft, sieht sie in der Mutter teils wie einen unausgesprochenen Vorwurf, teils wie eine Warnung vor sich und haßt infolgedessen die Trägerin dieser Eigenschaften, auch wenn sie es sich selbst nicht zugesteht. Aber sollen nun diese alternden Frauen alle die Eigenschaften, die bisher ihnen als Kronen des Daseins galten, ablegen? Darf man von einem Apfelbaum, dessen Fruchternte vollendet ist, erwarten, daß er sich noch einmal mit Blüten bedeckt? Die Mutter hatte, vielleicht schüchtern nur, auch einige Erwartungen an die Tochter geknüpft — hatte vielleicht gehofft, nach einer eigenen Jugend harter Hausarbeit, ein wenig entlastet zu werden. Sie sieht ein, daß die Verhältnisse, so wie sie sich nun einmal gestaltet haben, solche ausschweifenden Hoffnungen erdrücken müssen. Sie wird nach wie vor mit ermattenden Kräften, mit diesen und jenen quälenden Leiden für das Mädel waschen, plätten, schneidern, Strümpfe stopfen. — Aber dafür darf sie dann auch teilnehmen an dem jungen frischen Dasein — ist sie die Vertraute, die im Mitfühlen im Scherz und Ernst, an Arbeit und Liebesfreuden selbst wieder jung wird! In wie vielen Fällen wird ihr die Freundschaft, wird ihr nur ein geduldiges Geltenlassen gewährt? Die Sünde, die die Jugend heute an dem Alter begeht, ist der schonungslose Hohn, mit dem es behandelt wird. Dabei sind die Mütter von Töchtern zwischen 18 und 25 Jahren meistens durchaus keine alten Frauen. Darf man sich wundern, wenn sie sich wehren, den Kampf um ihr eigenes Selbstgefühl mit allen Waffen ihres gekränkten Herzens aufzunehmen? Vor fünfzig Jahren hatte es die Jugend schwer, sie mußte ringen um ihre menschliche Entwicklung. Heute ist sie Siegerin auf der ganzen Linie. Muß man ihr, die sonst so klar und scharf denken gelernt hat, zurufen, daß es unwürdig ist, einen besiegten Gegner mit Verachtung zu demütigen? Sieht es nun wirklich überall in den Familien so traurig aus? Nein — mir fallen unter meinen nächsten Freunden gleich drei Mütter ein, die mit ihren erwachsenen Töchtern in der herzlichsten Eintracht leben. Diese Mütter sind alle drei gescheite, tüchtige, energische, enorm fleißige Frauen. In ihnen braust, von der Natur ihnen mitgegeben, das rasche, feurige Tempo dieser Gegenwart. Obschon durchaus weiblich in der Erscheinung, ist ein gutes Teil Virilität ihrem Wesen beigemischt. Sie imponieren den jungen Geschöpfen, die sie geboren haben. Und — auf das Imponieren kommt es heute an, der Jugend gegenüber. Werbung: „Laxin —, ja, das ist etwas ganz anderes, das könnte ich jeden Tag nehmen! Laxin schmeckt großartig und nachher ist man wie neugeboren!“ — Kinder haben meist eine heftige Abneigung gegen übelschmeckende Abführmittel. Geben Sie Ihrem Kinde Laxin, dessen angenehmen Fruchtgeschmack alle Kinder lieben und das mild und sicher wirkt, Ihr Kind wird es Ihnen danken durch Gesundheit und Fröhlichkeit. * Die interessante Broschüre über „Laxin“ kostenlos von den Lingner-Werken in Dresden. Laxin. Foto: unbekannt/unsigniert. [Seite] 7

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Artikel: Münzer, Kurt, Raffaelino. Novelle (von Kurt Münzer, 1879-1944). Werbung: NWK Wolle (Norddeutsche Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei oder kurz Nordwolle), * seit 1741 Fabrik-Zeichen. Sternwolle die gute altbekannte Strickwolle. (BEUNDER) Schweisswolle läuft nicht ein u. filzt nicht. 3 Kugel Marke Strickwaren. Taubenwolle zarteste Zephirwolle. Zeichnung/Illustration: unbekannt/unsigniert. [Seite] 8

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