Modenschau, Heft Nr. 199, Juli 1929

Modeabbildungen und redaktionelle Inhalte aus der deutschen Modezeitschrift Modenschau (Illustrierte Monats-Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 199 vom Juli 1929. Herausgegeben vom Verlag Gustav Lyon, Berlin.

Seiten insgesamt: 64 (vollständig online)

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64 Seiten

Titelseite bzw. Cover der deutschen Modezeitschrift Modenschau (Untertitel: Illustrierte Monats-Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 199 vom Juli 1929. Hochsommer! (34) Seiten Mode mit (140) neuen Modellen. (30) Seiten Unterhaltung. J 6301: Sportlicher Anzug aus weißem und rotem Toile de soie kombiniert. Gelbes und graues Material als Garnierung. Stoffverbr.: 3,40 m weißer, 2,10 m roter, je 80 cm breit. Schnittgr. 44 u. 46. Preis 1 Mk. J 6302: Hochsommerkleid aus blau-weißem Foulard, mit weißem Material ausgestattet. Stoffverbr.: 2,50 m gemusterter, 0,75 m einfarbiger, je 100 cm breit. Schnittgr. 40 u. 44. Preis 1 Mk. J 6303: Kleid aus gemustertem Wollmusselin für Mädchen von 4—8 Jahren. Weißer Aufputz. Stoffverbr.: 1,80 m 80 cm breit. Schnitt 75 Pf. [Stempel:] Ausgabe B [wahrscheinlich Ausgabe für Abonnenten]. Juli. Erscheint monatlich. Verlagsort: Berlin. Verlag Gustav Lyon, Berlin SO 16 — Auslieferung für den Buchhandel in Deutschland Wilhelm Opetz, Leipzig. Titelillustration/Titelzeichnung: unbekannt/unsigniert.

Artikel: O. V., Künstler-Ehen. [O. V., Künstler-Ehen.] Nicht nur die Leistung eines Schauspielers auf der Bühne oder auch im Film vermag die Allgemeinheit zu interessieren, sondern auch sein Privatleben ist stets Gegenstand eifriger Beobachtung gewesen. Gar zu gern glaubt der Zuschauer, daß dem Künstler ein Herübergleiten aus dem Traumleben der Bühne in das reale Leben sehr leicht fallen müsse, während es umgekehrt dem bürgerlichen Menschen nicht glücken konnte, sich aus dem täglichen Dasein in den Rausch des Theaterlebens herüberzuzaubern. Wer auf den Brettern als Karl-Heinz oder Romeo ein idealer Liebhaber war, hätte es auch im Leben sein müssen. Sehr erstaunt sind dann die Zuschauer immer gewesen — und sind es auch heute noch —, sobald sie erfuhren, daß auch Künstler den Hemmungen des Lebens unterliegen — vielleicht sogar in noch stärkerer Weise. Alphonse Daudet, der vor einem Menschenalter so viel gelesen wurde wie heute Edgar Wallace, hat die Frage aufgeworfen: „Sollen Künstler heiraten“, und hat sie verneint. Diese Skepsis ist aber nicht berechtigt, denn es hat unter den Künstlerehen sehr viele glückliche Verhältnisse gegeben, wenn auch Tragödien darunter natürlich nicht fehlten. Aber man darf nicht vergessen, daß gerade empfindliche, bis zur Nervosität feinfühlige Menschen sich eher als langsame Zeitgenossen an Hindernissen und Vorfällen zerreiben, die nun einmal unauflöslich mit dem Zusammenleben verbunden sind. Vielleicht waren die Zustände früher anders als in den letzten Jahren, die wieder eine Scheidung zwischen Künstlertum und bürgerlicher Welt bringen. Wenn wir die Künstlerehen in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts betrachten, so fällt auf, daß ein starker Prozentsatz in der Ehe einen Partner aus vollkommen anderen Gesellschaftskreisen suchte. Die männlichen und weiblichen Stars der Bühne, der Oper besaßen in sehr vielen Fällen Ehegatten, die einer viel höheren Gesellschaftsschicht als sie selbst entstammten. Sogar einer Zirkuskünstlerin fiel es ehedem nicht schwer, einen Gatten aus der Aristokratie zu erhalten, und sowohl Schauspieler als auch Sänger haben oftmals Frauen aus adligen Häusern vor den Altar führen können. Diese Ehen sind in den meisten Fällen harmonisch verlaufen. Daß sich ein gewisser Prozentsatz nicht nach Wunsch gestaltete, war unvermeidlich; denn nicht in allen Fällen gerieten die geeigneten Temperamente aneinander, und so mußte nach kurzer Zeit des Verstehens die Enttäuschung auftauchen, sobald der Alltag in der Ehe sein Recht beanspruchte. Diese Tendenz, den Ehegatten außerhalb der eigenen Sphäre, der Theaterwelt, zu suchen, führte aber nicht immer in die Kreise der Aristokratie, sondern auch in die des besitzenden Bürgertums, in die Welt der Gelehrten oder der Erfinder. Die großen Tragödinnen der deutschen Bühne sind durchweg mit Männern verheiratet gewesen, deren Beruf nichts mit Künstlertum zu tun hatte. Es läge nun nahe, anzunehmen, daß in der neuesten Zeit, in der die äußeren Schranken zwischen den einzelnen Ständen gefallen sind, von einer weiteren Ausdehnung dieser Heiratslust zwischen Künstlern und Bürgern geredet werden könnte. Denn die zahlreichen Hemmungen, die ehedem das Zustandekommen dieser Verbindungen erschwerten und sie manchmal sogar unmöglich machten, sind jetzt nahezu völlig verschwunden. Wir sehen aber, daß genau das Entgegengesetzte eingetreten ist. Es soll nicht verkannt werden, daß in den letzten Jahren ein paar Bühnenkünstlerinnen durch Heirat in den Kreis der Aristokratie traten, einige wenige sich mit Männern aus großen Bürgerhäusern vermählten, aber im allgemeinen kann diese Entwicklung als abgeschlossen angesehen werden — bei uns sowohl wie in noch stärkerem Maße in Amerika. … (Schluß siehe zweite Umschlaginnenseite). 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Titelseite der Modenschau (Untertitel: Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 199 vom Juli 1929. Artikel: Rudolphi, Rose, Sei schön durch Seele (von Rose Rudolphi, unbekannter Autor). Im Zentrum des Artikels findet sich eine großformatige Fotografie von Käthe Dorsch (1890-1957), die in einem reich bestickten Abendkleid und mit langer Perlenkette auf einem Stuhl sitzt und den Kopf halb abgewandt von der Kamera weghält. Die Bildunterschrift lautet „Käthe Dorsch, eine der beseeltesten deutschen Schauspielerinnen. (Photo: Schneider)“. Foto: Atelier Ernst Schneider, Berlin (1881-1959). [Rudolphi, Rose, Sei schön durch Seele.] Schönheit galt zu allen Zeiten als ein Geschenk, das nur Auserwählten in die Wiege gelegt wurde, aber Schönheit war gleichzeitig ein Begriff, den man nicht immer in derselben Weise auslegte. In materialistischen Geschichtsepochen, in denen das Geld die führende Rolle spielte, war Schönheit nicht zu trennen von prächtiger Aufmachung, von blendendem Pomp; und ein Hofmann der Renaissance notiert die für sein Zeitalter bezeichnenden Worte: »Schöne Kleider haben, heißt schön sein.« Wenn wir die Kleider der Renaissance bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert daraufhin untersuchen, so stellen sie sich direkt als Selbstzweck heraus. Sie hatten die Aufgabe, Fehler des menschlichen Körpers zu verdecken und auf künstlichen Zierrat hinzudeuten, der sich natürlich immer schön halten ließ. Dem Gesicht wurde durch entsprechende Frisuren ein möglichst vorteilhaftes Aussehen gegeben und mit den Mitteln der kompliziertesten Kosmetik nachgeholfen. Unsere Zeit hat den Körper wieder entdeckt. Das Kleid kann nicht mehr, wie ehedem, zum Verbergen körperlicher Schwächen benutzt werden, es bestimmt nicht die Linie, die der Körper einzunehmen hat, indem es diesen in Fischbein und unendliche Draperien von Stoff schnürt, sondern es wird in seinem Sitz vom Körper selbst bestimmt. Das Gesicht kann nicht mehr hinter einer Fülle von Haar verborgen werden, denn jene Mode, die eine Ueberfülle von Haar verlangte, das unmöglich echt sein konnte, ist vorüber, weil bei jeder Frau das natürliche Haar als ausreichend erachtet wird. Nun haben sich zwar in der letzten Zeit die kosmetischen Methoden außerordentlich verfeinert, so daß es möglich ist, mit ihrer Hilfe störende Fehler zu korrigieren. Die Gymnastik vermag, in jugendlichem Alter angewendet, dem Knochenbau von vornherein die notwendige Haltung, aber auch die notwendige Elastizität zu geben. Darüber hinaus vermögen die Methoden der Gymnastik verbunden mit der Massage auch den Körper des Erwachsenen zu formen und manche Fehler einer verkehrten Lebensweise wieder gutzumachen, wenn sie auch absolute Störungen des Knochenbaues nicht mehr beseitigen können. Die kosmetische Chirurgie geht noch einen Schritt weiter. Sie kann unschöne Bildungen entfernen und namentlich dem Gesicht einen Ausdruck… (Forts. Seite 8). [Seite] 1

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Artikel: Wedekind, Anna P., Babys Vorbereitung auf’s „Einjährige“ (von Anna P. Wedekind bzw. Anna Paula Wedekind-Pariselle, 1890-1979). Passend zum Textbeitrag werden zwei Fotografien abgebildet. Die Bildunterschriften lauten „Professor Langstein, der Leiter der Reichsanstalt zur Bekämpfung der Säuglings- und Kleinkinder-Sterblichkeit mit einem seiner Schützlinge“ (oben) und „Die Kleinen im Freien. — Licht, Luft und Sonne sind ihre besten Freunde. — Photos: Wide World Photos“. Fotos: US-Bildagentur Wide World Photos (1919-1941). [Wedekind, Anna P., Babys Vorbereitung auf’s „Einjährige“.] Zahlen sind unerbittlich und unbestechlich! Sie künden jedes Jahr von neuem Geburtenrückgang in allen Teilen des Vaterlandes. Wirtschaftliche Not der Zeit findet hier beredten Ausdruck. Solange Wohnungs- und andere soziale Nöte nicht zu ändern sind, wird wohl kaum die Kurve der neu ins Leben blickenden Erdenbürger wieder nach oben klettern. Umsomehr ist heute jedes einzelne kleine Lebewesen eine Kostbarkeit geworden, nicht nur für die glücklichen Eltern selbst: für die Mutter vor allem, der es Erfüllung letzten, besten Weibtums bedeutet, sondern auch für den Staat, für die Allgemeinheit. Wir können stolz und froh sein, daß er sich dieser Verantwortung wohl bewußt ist und von sich aus alles tut, um die Säuglingssterblichkeit aufs äußerste herabzusetzen. Noch um die Jahrhundertwende herum mußte die Statistik eine für heutige Begriffe fast undenkbare Sterblichkeitsziffer angeben: von 100 Säuglingen starben 20 vor Vollendung des ersten Lebensjahres. Sie mußten sterben, weil man ihren Lebensbedingungen — vor allem auch der Frage der Ernährung — noch nicht ausreichend Rechnung trug. Heute ist diese Ziffer auf ein Minimum herabgedrückt! Wir haben ja auch gerade in Deutschland in der Reichsanstalt zur Bekämpfung der Säuglings- und Kleinkinder-Sterblichkeit, dem Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus, ein Musterinstitut, das sich — seit 1911 unter Professor Langsteins Leitung — mit Recht eine »Weltschule für Mutter und Kind“ nennen darf! Hier laufen alle Fäden zusammen, die Wissenschaft und soziale Fürsorge verbinden zu dem einen großen, gewaltigen Ziel: Baby über das kritische erste Jahr hinaus zum gesunden, lebenstüchtigen Menschlein zu machen. Man staunt vor der Fülle vorbildlichster Organisationen — nur die Mehrzahl gibt den Eindruck wieder, den einem ein erster Besuch dieser Stadt für sich in der Weltstadt bietet! Man muß dem Führer Recht geben, der fragt: „Nicht wahr, Sie haben sich das ganz anders vorgestellt?“ Ja, gewiß, man hatte irgendwelche vagen Vorstellungen von Riesenscharen von Babys gehegt und darüber eigentlich ganz vergessen, daß man ja ein Forschungsinstitut kennenlernen sollte, ein Zentrum aller Säuglings- und Kleinkinder-Fürsorge, aller Wissenschaft, die des Kindes Pflege und Ernährung vom frühesten Alter an umfaßt! Von hier aus liefen zuerst die Fäden ins Reich, um durch Zentralen, durch die Kommunen oder Vereine erzielte Resultate der großen Allgemeinheit und damit jeder einzelnen Mutter zugänglich zu machen. Und aus dem Reich selbst, eben von all diesen in sich ja meist selbständigen Organisationen wieder geht das ganze Einzelmaterial an diese Riesenzentrale des Säuglingsschutzes zurück, um hier zu wissenschaftlicher Forschung bis ins Letzte ausgewertet zu werden. Hier entstand zuerst der Gedanke der Mütter-Beratungsstellen, die heute überall im Reich so unendlich segensreich wirken, von hier aus ging der Kampf gegen den Unverstand und die Unhygiene, denen so viele kleine Menschenblüten zum Opfer gefallen sind. Er dauert noch an: allzutief sind Vorurteile und schlechte Angewohnheiten im Volke verwurzelt, als daß man sie in der relativ kurzen Zeit, die diese jüngste Wissenschaft erst besteht, gänzlich hätte ausrotten können! Aber die Mutterschulkurse, die belehrenden Vorträge, die heute überall abgehalten werden, um Aufklärung zu bringen, die Wanderausstellung, die im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus selbst aufgenommenen Filme, führen den Kampf unaufhörlich und mit stets wachsendem Erfolg weiter. Gerade die jüngere Müttergeneration nimmt ja ihre Pflichten sehr ernst und versucht mit heiligem Eifer, sich auf die schönste Lebensaufgabe der Frau vorzubereiten. Von großem Andrang zu den Mutterschulkursen in allen Teilen des Reichs weiß die Statistik des Langstein-Hauses (wie man es heute auch vielfach nach dem Namen seines Leiters nennen hört) zu berichten. Immer mehr junge Mädchen melden… [Fortsetzung auf nächster Seite 3]. [Seite] 2

S. 3

Artikel: Wedekind, Anna P., Babys Vorbereitung auf’s „Einjährige“ (von Anna P. Wedekind bzw. Anna Paula Wedekind-Pariselle, 1890-1979). Passend zum Textbeitrag ist eine Fotografie abgebildet, die eine sitzende Krankenschwester im Garten zeigt. Auf ihrem Schoß sitzt ein Baby, dessen Kopf sich in eine abgewandte Richtung gedreht hat. Die Bildunterschrift lautet „Wer kommt denn da?“ Photo: Wide World Photos. Foto: US-Bildagentur Wide World Photos (1919-1941). [Wedekind, Anna P., Babys Vorbereitung auf’s „Einjährige“.] [Fortsetzung von voriger Seite 2] … sich zur Ausbildung als Säuglingsschwester — die staatlich anerkannte Säuglingspflegeschule ist der Reichsanstalt angegliedert. Wie manche von ihnen hofft in diesem weiblichsten aller Berufe Ersatz für eigenes Glück durch fremde Kinder zu finden! Muß es nicht herrlich sein, sein Leben diesen Kleinsten der Kleinen zu widmen, Tag für Tag das Erwachen der kleinen Psyche, dieses unerklärlichste Wunder der Schöpfung, stets von neuem miterleben zu dürfen? Sieht man die zufriedenen, glückdurchsonnten Gesichter der Pflegerinmen [sic!], wenn sie einem ihre kleinen Lieblinge vorführen, so weiß man: manch einsam gebliebenes Frauenherz fand hier Zweck und Erfüllung des Seins! Es ist ein hohes Lied der Menschenliebe, nicht nur der Wissenschaft, das durch jene Häuserstadt draußen in Charlottenburg klingt. Man bekommt selbst unwillkürlich einen Abglanz der Freude in die Augen, wenn man durch die unzähligen Abteilungen geführt wird. Da ist zunächst die Entbindungsanstalt, die natürlich mit allen nur denkbaren Einrichtungen versehen ist, um der gebärenden Mutter größten Schutz zu geben, damit auch ihr Kindlein gesund zur Welt komme! Für dieses selbst aber setzt nun eine Fürsorge ein, die Wissenschaft, Sorgfalt und Liebe vereint, um das Kind sicher durch diese gefährdetste Zeit seines Lebens hindurchzubringen. Der Erfolg ist erwiesen, erwiesen durch die bewußten unbestechlichen Zahlen der Statistik. Wodurch wird er erreicht? In erster Linie durch sauberste Pflege und natürliche Ernährung. „Die Milch und das Herz einer Mutter sind unersetzlich!“ Dieses Motto des Hauses sagt genug! Kaum jemals stirbt ein Kindchen an einer auf Ernährungsfehlern beruhenden Störung, wenn es mit Frauenmilch genährt wird, versichert mir die liebenswürdige Führerin. „Wenigstens die ersten drei Monate müßte die Mutter es durchzuführen versuchen. — Sie glauben nicht, wie, wichtig das für Mutter und Kind ist!“ Ich glaube es gern, aber dennoch war mein Einwand nicht unberechtigt, daß vielen Müttern von heute das Nähren des Kindes oft aus beruflichen Gründen, die auch erfüllt werden müssen, nicht möglich sein dürfte. „Dann muß der Arzt gefragt werden! Er bestimmt die Zusammensetzung der künstlichen Nahrung! Ist das Geld nicht da, um zum Kinderarzt zu gehen, so werden die Fürsorgestellen, die heute in allen Städten unter fachärztlicher Aufsicht stehen, gern beratend und helfend eingreifen! Nur Verantwortungsgefühl muß die junge Mutter leiten — dann wird und muß ihr Kind gesund bleiben!“ Wir plaudern weiter über die Ersatznahrung des Säuglings — Notbehelf, wie jeder Ersatz! Ihrer Zusammensetzung ist hier in der Reichsanstalt ein Riesenapparat der Forschung gewidmet, der unermüdlich an Hand des eingesandten Materials und der praktischen Versuche neue, noch sicherere, noch glücklichere Wege sucht, um auch beim Flaschenkind die Sterblichkeitsziffer auf ein Minimum herabzudrücken. Ueberraschend gute Erfolge hat man da mit Buttermilch erzielt, die nach einem besonderen Verfahren getrocknet wird und so in wechselnder Dosis dem kleinen Einjährigen-Aspiranten verabfolgt werden kann. Ganz stolz zeigt mir die führende Schwester die brav und steil aufwärtsstrebende Kurve der Gewichtszunahme, die Babys Wohlbefinden kündet, auf einer jener „Zeugnistafeln“, die an jedem einzelnen der kleinen Bettchen prangen und über Babys Leistungen auf allen Gebieten berichten. Es war ein Kindchen, das nicht mehr trinken wollte und mit der veränderten Nahrung sofort wieder fleißig an seiner Gesundheit zu arbeiten begann: zunahm, gesund verdaute, also alle jene Pflichten erfüllte, die im ersten Lebensalter unendlich wichtig sind. Jede Mutter könnte sich übrigens ohne allzuviel Mühe eine solche Tabelle anlegen, die ihr und dem Arzt bei eventuell auftretenden Störungen — die bei Säuglingen bekanntlich sehr schnell zu Katastrophen werden können — die Diagnose erleichtert. Gewichtszunahme einerseits, Verdauung andererseits sprechen ja allein Bände! Aber gesunde, richtige Ernährung allein schafft es noch nicht! Licht, Luft und Sonne sind mindestens so wichtige Faktoren. Doch sie müssen auch an die Kinderkörperchen heran können! Was wird da heute noch manchmal gesündigt: ich sah an einem der ersten schönen Frühlingstage dieses Jahres im elegantesten Villenviertel Berlins, von einer außerordentlich dekorativ wirkenden „nurse“ geführt, einen sicher sehr teuren blauen Kinderwagen, der anstelle der netten, freundlichen Decke ein fest gespanntes weißes Wachstuch aufwies, das — man höre und staune! noch bis zur halben Höhe des aufgestellten Verdecks aufstieg. Nur oben blieb ein schmaler Spalt für die Luft, den Lebensgeist, übrig! Modernes Baby-Gefängnis! Selbst ein paar ältere Damen, die sonst doch oft gar nicht mit modernen Säuglingspflege-Methoden einverstanden sind, schüttelten bedenklich den Kopf. Soviel wußten auch sie schon von neuzeitlichen Bestrebungen, daß diese Luftabsperrung bestimmt nicht gesund sei. Ob man das arme Wurm darunter etwa auch noch in Federbetten gepackt hatte? Ich konnte es leider nicht ergründen. Armes, reiches Kind! Wie gut haben es dagegen jene kleinen Erdenbürger, die draußen im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus ihr erstes Lebensjahr verbringen dürfen: diesen Kleinen, die meist unerwünscht ins Leben traten, ist hier draußen eine doppelt behütete Heimat geboten. Gibt doch auch das angegliederte Mütterheim der Mutter jenen Schutz und Halt, der in der ersten Zeit für beide so wichtig ist. Sechs Wochen vor der Geburt muß die werdende Mutter ins Heim kommen, mindestens drei Monate nachher dort bleiben: eine segensreiche Maßnahme, um die so wichtige natürliche Nahrung für das Kind sicherzustellen. Die Mutter kann aber auch gegen Leistung von Hausarbeit ein ganzes Jahr lang dort bleiben, kann Stellung als Amme nachgewiesen erhalten, kurz — auch für sie ist gesorgt, stets im Gedanken an das Beste für den Säugling. Wenn man bedenkt, wie viele solcher armen, unehelichen Würmer, die doch selbst so schuldlos sind, früher bei sogenannten Ziehmüttern ein unseliges Dasein bis zu dem für sie meist glücklichen Ende führten, dann begreift man erst den Segen der heutigen Fürsorge, der jedes einzelne Kind gleich lieb und wert ist. Wie glücklich strahlend, wie gesund lachen diese Kleinen ins Dasein, die hier beim ersten schönen warmen Sonnenschein sofort ins Freie geschoben werden — auf die Liegeterrassen, in den entzückenden kleinen Garten, in dem sich das Leben der Größeren überhaupt abspielt. Nirgend Uebertrieben- … (Forts. S. 15). [Seite] 3

S. 4

Flimmernde Welt. [Seite mit fünf Fotografien aus Kinofilmen.] GRETA GARBO [1905-1990] und CONRAD NAGEL [1897-1970] in: »Der Krieg im Dunkeln.« BRIGITTE HEIM [1908-1996] und FRANZ LEDERER [Francis Lederer, 1899-2000] in: »Die wunderbare Lüge der Nina Petrowna.« WERNER KRAUSS [1884-1959] in »St. Helena«. Oben rechts: LILIAN HARVEY [1906-1968] und IGO SYM [1896-1941] in »Das Modell vom Montparnasse«. OSSI OSWALDA [1897-1947]: »Prinzessin auf Urlaub«. Photos: M. G. M. Ufa Ostermayr. Fotos: M. G. M.; Ufa; Ostermayr (unbekannter Fotograf). [Seite] 4

S. 5

Artikel: Hecht, Dr. Robert, Rio, die heiße Stadt (von Dr. Robert Hecht, unbekannter Autor). In der unteren Seitenhälfte ist eine Fotografie abgebildet mit der Bildunterschrift „An dem Palmenkanal in Rio de Janeiro“. Foto: unbekannt/unsigniert. [Hecht, Dr. Robert, Rio, die heiße Stadt.] Keine andere Stadt Amerikas kann sich an Schönheit mit Rio de Janeiro messen, die ein leuchtendes Tropenjuwel ist. Rio ist eine der heißesten Städte der Welt, vielleicht nicht zum Daueraufenthalt für einen Vertreter der nordischen Rasse geeignet, der bei aller Sonnensehnsucht den Winter braucht; aber in ihrer Geschlossenheit ist Rio das Beste, was menschlicher Tätigkeitsdrang dem südamerikanischen Urwald abgerungen hat. Denn zu den Eigentümlichkeiten der Hauptstadt Brasiliens gehört es, daß nicht etwa die Gartenkultur ihrer Villenviertel in Plantagenwirtschaft übergeht, um den Urwald auf viele Meilen zurückzudrängen: sondern daß sich der Gürtel des Urwaldes gleich hinter der letzten Vorstadtsiedlung schließt — und eine Autostunde vom Hafen im Dickicht die Riesenschlangen und der Jaguar lauern, während die Krokodile in den nicht ferneren Sümpfen allen Vernichtungsfeldzügen spotten. An einer Meeresbucht gelegen, ist Rio de Janeiro eine Seestadt, wie es eine solche an Anziehungskraft und Schönheit der Gestaltung nicht wiedergibt. Viele Kilometer laufen die spiegelglatten Avenidas den Strand entlang, sind gegen die See durch eine hohe Quaimauer geschützt und bieten den 12000 Automobilen genügenden Raum, sich auszutoben. Es liegt im Charakter der Brasilianer, daß sie, denen sonst für Eile keine Vorliebe eignet, das Tempo der Automobile nicht schnell genug bekommen können. Deshalb sind namentlich nachts, wenn vor kommenden Gewittern eine unerhörte Schwüle in den Straßen herrscht, rasende Fahrten entlang dem dem [sic!] Meere, beliebt, zumal trefflich gehaltene Autostraßen weit außerhalb der Stadt dazu verlocken. Auf der einen Seite rollt und gurgelt das Meer, auf der anderen rauscht und spukt der Urwald in seltsamen Tönen. Schaltet der Chauffeur die Scheinwerfer des Wagens ein, so zeigt sich die Avenida mit tausenden von großen Meereskrabben belebt, die vom Wasser in den Wald streben, um dort unbekannte Beutetiere zu fangen, und die nun erschreckt die Scheren heben, um das Licht wie einen Feind anzugreifen. Das ist Rio de Janeiro. Natürlich kann eine Weltstadt nicht allein vom Idyllischen leben, zumal eine Seestadt nicht, die ein wichtiger Umschlaghafen ist und Schiffe aus aller Welt anzieht. Auch dieser tropische Ort vermochte sich nicht den modernen wirtschaftlichen Konzentrationsbestrebungen des Welthandels zu verschließen, die überall zu einer Citybildung führen. Aber die südliche Vorliebe für die prunkvolle Außenseite ist auch hierbei nicht zu kurz gekommen. Das Geschäftsviertel, die Welt der Büros, sind nicht so unaussprechlich nüchtern wie in Nordamerika und Europa. Der Boden widerstrebt dem Wolkenkratzertyp ebenso sehr wie der Sinn der Menschen, deren eingesessene Schicht ja das Blut der portugiesischen Abkömmlinge besitzt, und die kulturell immer noch dem Mutterlande und dem größeren Spanien verpflichtet sind, mag ihre politische Gesinnung auch ganz anderer, eben brasilianischer Art sein. Deshalb ist die City von Rio de Janeiro ein Viertel, das einen lebensfrohen Anblick bietet, und wo sich die Arbeit selbst noch erst ein hübsches Gewand anzieht. Die Häuser sind… (Schluß Seite 10). [Seite] 5

S. 6

Artikel: Brennert, Hans, Schramms (von Hans Brennert bzw. Johannes Adolf Otto Brennert, 1870-1942). Die Zeichnung oben zeigt eine Brennkohlenlieferung mit einem Pferdegespann für eine bürgerliche Wohnanlage. Der Kohlenträger nimmt die gestapelten Kohlebriketts huckepack, während eine dickliche Frau ihm dabei hilft. Eine Frau lehnt an einen Pfeiler des Zaunes und beobachtet die Szenerie. Ein Hund sitzt auf dem Kutschbock. Im Hintergrund befindet sich ein Wohnhaus umsäumt von Bäumen, umgeben von einem Eisenzaun. Auf der Unterseite des Lastfuhrwerks befindet sich ein Schild mit der Aufschrift „Carl Schramm, Kohlenhandlung, Berlin-Lichterfelde, Kastanienallee 27“. Zeichnung/Illustration: Hans Ewald Kossatz (1901-1985). [Seite] 6

S. 7

Artikel: Brennert, Hans, Schramms (von Hans Brennert bzw. Johannes Adolf Otto Brennert, 1870-1942). Ganz oben befindet sich eine gezeichnete Kurzgeschichte die als Werbung für nach Lyon-Schnitten gefertigten Kleidern gedacht ist. Die Beschreibung lautet „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern… Sie schmettern es mit lautem Schalle: ‚Nach Lyon-Schnitt schneidern alle!‘“. Zeichnung/Illustration: Hans Ewald Kossatz (1901-1985). Werbung: Er… Sie… es… Vater — Mutter und Kind — alle drei verwenden morgens — mittags — und abends — die drei guten Dinge der Odol-Hygiene. ODOL-MUNDWASSER. ODOL-ZAHNPASTA. ODOL-ZAHNBÜRSTE. Zeichnung/Illustration: unbekannt/unsigniert. [Seite] 7

S. 8

Artikel: Rudolphi, Rose, Sei schön durch Seele (von Rose Rudolphi, unbekannter Autor). [Rudolphi, Rose, Sei schön durch Seele.] (Fortsetzung [von Seite 1]) … aufprägen, der der allgemeinen Schönheit nahekommt. Aber auch die kunstvollste Chiroplastik bedeutet nur ein Nachhelfen. Ein Gesicht, das nicht belebt erscheint, also innerlich befeuert wird, gilt nicht als schön. Die langweiligen blassen Schönheiten sind längst außer Kurs gekommen. Was finden wir nun eigentlich an einem Menschen schön? Ein gesunder normaler Körperbau ist Voraussetzung für eine ästhetische Betrachtung, aber er allein genügt noch nicht, um angenehm aufzufallen. Es gibt genug Menschen, an deren Wuchs nicht das Geringste auszusetzen ist, und die doch niemand als schön bezeichnen würde. Denn obwohl die Schönheit von der Gestaltung des Gesamtkörpers abhängt, ja selbst durch sekundäre Dinge wie Gang, Haltung, Gebärde, selbst Stimme und Sprechweise unterstützt wird, so ist es immer das Gesicht, das bestimmend dafür ist, wie weit ein Mensch als schön angesehen werden kann. Nun gibt es aber ganz gewiß mehrere Arten von Schönheit. Meist ist für ihren Ausdruck Regelmäßigkeit erforderlich. Merkwürdigerweise sind die beiden Körperhälften nicht gleichmäßig, so daß jeder Mensch auch zwei verschiedene Gesichtshälften besitzt. Je geringer diese Abweichungen sind, je regelmäßiger ein Gesicht also ist, desto mehr nähert es sich dem griechischen Schönheitstyp, der immer noch als vorbildlich gilt. Allerdings haben wir uns heute von der absoluten Tyrannei des Schönheitsideals der Antike freigemacht. Die strenge Regelmäßigkeit der griechischen Bildwerke wird heute von der Kunst als das aufgefaßt, was sie einmal war, nämlich als eine Stilisierung zum Absolut-Schönen. Dieses Ideal entspricht aber nicht der Wahrheit, und darum gelten Gesichter, die dem griechischen Bildtyp nahekommen, heute als ausdruckslos und langweilig. Wir verlangen heute von einem Gesicht mehr, wir verlangen ein sprechendes Antlitz, hinter dem wir einen ganzen Menschen sehen, der nicht kühl und ästhetisch, sondern mit innerlicher Anteilnahme durch das Leben geht. Nun wäre es falsch, nach einer mißverstandenen Aeußerung Nietzsches möglichst individuelle Gesichter zu verlangen. So sehr wir heute die Puppenköpfe läppisch, ja unerträglich finden, so wenig wird ein schrankenloser Individualismus zur Schönheit führen. Wie kommt es, daß es ganz wenig häßliche Kinder gibt, ja, daß in einem gewissen Alter alle jungen Geschöpfe als niedlich angesprochen werden können? In den Kindern liegt Reinheit und Wahrheit, die das Leben hinterher recht oft vernichtet. Wer sich den kindlichen Typ der Unbefangenheit lange bewahren kann, wird sich auch Schönheit lange erhalten können. Es ist kein Zufall, sondern die naturgewollte Verbindung zwischen Mutter und Kind, daß Frauen den kindlichen Typus bis in ihr hohes Alter bewahren können. Der Mann entfernt sich in den Pubertätsjahren davon — deshalb gibt es auch sehr viel alternde Frauen, die immer noch Spuren von Schönheit zeigen, während die gleichaltrigen Männer häßlich vergreist sind. Das Kind ist hübsch, weil es noch keine Sorgen kennt und nur an die nächstgelegenen Dinge denkt. Denn es ist nun einmal unbestreitbar, daß die Gedanken den Ausdruck der Züge bestimmen und das Innenleben die plastische Erscheinnng [sic!] des Antlitzes prägt. Wir sprechen von Denkerstirnen, die sich machtvoll aufrecken und das Aussehen des Gesichtes bestimmen. Vor ein paar Jahren schien es ja so, als ob ein paar Frauen, die sich der Wissenschaft zugewendet hatten, die Denkerstirn auch beim weiblichen Geschlecht beliebt machen wollten. Aber diese Unsitte ist schnell vorübergegangen, und man hat eingesehen, daß die seelischen Neigungen einer Frau ihr eine Vermännlichung verbieten müssen. Man braucht durchaus nicht alles für vortrefflich zu halten, was aus Amerika kommt, und wird einer weitgehenden Amerikanisierung gewiß nicht das Wort reden. Trotzdem erweist sich die Lebensmahnung „Keep smiling“ — versuche es mit Lächeln — als sehr vorteilhaft. Jedermann sieht lieber in junge lachende Gesichter als in solche, die der Sturm des Lebens zerpflügt hat. Der übermäßige Ernst, mit dem wir viele Fragen des Alltagslebens zu lösen suchen, ist ohne Zweck. Gewiß, sobald es sich um große Aufgaben handelt, soll man mit Ernst und Gewissenhaftigkeit daran gehen und soll es sich nicht verdrießen lassen, … [Fortsetzung auf nächster Seite 9]. Werbung: AEG-STAUBSAUGER VAMPYR. ÜBERALL ZU HABEN – PREIS RM 130.—. TEILZAHLUNGEN RM 140.—. Eine Freundin für's Leben. Die SINGER Nähmaschine. (SINGER NÄHMASCHINEN SINGER) Weitestgehende Zahlungserleichterungen. Mäßige Monatsraten. SINGER NÄHMASCHINEN AKTIENGESELLSCHAFT. Singer Läden überall. Zeichnung/Illustration: unbekannt/unsigniert. [Seite] 8

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