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Titelseite bzw. Cover der deutschen Modezeitschrift Modenschau (Untertitel: Illustrierte Monats-Zeitschrift für Heim und Gesellschaft) Nr. 226 vom Oktober 1931.
Erste Wintermodelle!
J 4403: Eleganter Mantel aus rötlichem Wollstoff. Schoß und Manschetten sind mit Biesen versehen. Stoffverbrauch: etwa 3 m, 130 cm breit. Schnittgröße 44 und 48. Preis RM. 1.—.
J 4404: Flottes Kostüm aus schwarzem Tuch mit Gürteljacke, die graue Persianergarnitur zeigt. — Stoffverbrauch: etwa 3,30 m, 130 cm breit, 0,50 m Besatzstoff, 100 cm breit. Schnittgröße 42 und 46. Preis RM. 1.—.
Verlag Gustav Lyon, Berlin SO 16 – Auslieferung für den Buchhandel in Deutschland Wilhelm Opetz, Leipzig.
Titelillustration/Titelzeichnung: „k“ (Ernst Ludwig Kretschmann, 1897-1941).
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Artikel:
O. V., Die Sprache als Spiegel der Zeit;
Verlag Gustav Lyon, Graphologische Abteilung, Charakter und Handschrift.
[O. V., Die Sprache als Spiegel der Zeit.]
Wir befinden uns in einer unheimlich schnellebigen Zeit. Die Erfindungen überstürzen sich. Was heute noch als große Sensation empfunden wird, gehört morgen schon der Vergangenheit an. Mit welcher Aufregung verfolgten wir z. B. unlängst den Aufstieg von Professor Piccard in die Stratosphäre, und wie gelassen werden wir sein, wenn auf diesem Gebiet der dritte oder vierte Versuch unternommen werden wird. Ueber das Tempo dieser hastvollen Entwicklung orientiert uns eindringlich unsere Sprache. Wenn man einmal systematisch zusammenstellt, was etwa seit dem Weltkrieg allein an neuen Schlagworten in unsere Umgangssprache eingedrungen und Allgemeingut geworden ist, dann wird auch der phlegmatische Geist einen Ruck verspüren und diesen Zustrom neuer Wortbildungen kaum für möglich halten. So liefert allein schon das weite Gebiet der technischen Erfindungen eine kaum übersehbare Reihe neuer Wortbildungen. Wer hat vor dem Kriege etwas vom »Außenbordmotor« gewußt, der bekanntlich an den Ruderbooten außen angebracht werden kann, um den einfachen Kahn ohne Schwierigkeit in ein Motorboot zu verwandeln. Wer hatte vor dem Kriege eine Ahnung vom »Bildfunk«, der Uebertragung der Photographie auf drahtlosem Wege? Der »Tonfilm« war damals der Allgemeinheit ebenso unbekannt wie der »Detektor«, die »Antenne« und der »Lautsprecher«. Auch das »Fernsehen« war damals noch völlig unbekannt. Die Reihe der Musikinstrumente wurde durch die »singende Säge«, das »Saxophon« und viele andere bereichert. Zur Regelung des Durcheinanderflitzens von Automobilen, Straßenbahnen, Fahrrädern und Motorrädern entstand der »Verkehrsturm«. An die Stelle des Eisschrankes trat die erheblich wirkungsvollere Apparatur der »Frigidairs«, und die Reihe der Sitzmöbel wurde durch »Stahlmöbel« aller Art wesentlich bereichert. Das Alkoholverbot in Amerika brachte den Ausdruck »Prohibition«, und die Ernährungswissenschaft beglückte uns mit der »Gerson-Diät«. Das weite Gebiet der Reklame wurde wissenschaftlich durch die »Marktanalyse«, das exakte Studium von Angebot und Nachfrage auf dem Warenmarkt, bereichert, und die Theater erhofften sich großen Erfolg dadurch, daß sie vom historischen und psychologischen Drama abgingen, um sich ganz dem Gegenwartsproblem zu widmen. Sie marschierten dann unter der Flagge »Zeittheater«. Die Sprachen aller Kulturnationen nahmen unter dem Gedanken, die Völker Europas aus ihren wirtschaftlichen und politischen Wirren heraus einer Staateneinheit entgegen zu führen, das Schlagwort »Pan-Europa« auf.
Wer wußte vor dem Kriege, was »Atonale Musik« bedeutet, eine Kompositionsmethode, die sich an keine festgelegte Tonart bindet. Aus dem weiten Reich der Musik wäre noch die »Ätherwellenmusik« zu nennen, die bekanntlich ihren Ursprung radioelektrischen Wellen verdankt. Ferner wäre zu erinnern an den »Bubikopf«, eine Damenfrisur, wie man eine ähnliche vor dem Kriege mit »Tituskopf« bezeichnete; an »Rohkost« als revolutionierende Umgestaltung der Ernährung; an »Frontgeneration« als Bezeichnung derjenigen Menschen, die bei Ausbruch des Krieges den Hauptteil des Heeres ausgemacht haben; an »Vermännlichung«, als kulturelle und psychologische Umgestaltung der modernen Frau, die ihren ganzen Ehrgeiz in das Bestreben legt, auf den Gebieten des Sports, aller Berufsklassen und der gesamten Lebensführung es dem Manne gleich zu tun; diese Kulturströmung der Vermännlichung forderte noch zahlreiche andere Neuprägungen zutage. So z. B. den »Herrenschnitt«, auch »Etonschnitt« genannt, die von den Männern eingeführte und von den Frauen übernommene »Baskenmütze« usw.
Die Entwicklung der Finanzgestaltung brachte uns die beiden Ausdrücke »Altbesitz« und »Aufwertung«. Bei dem ersteren handelt es sich um Wertpapiere, die der Inhaber schon vor Beendigung des Krieges in Besitz hatte, und unter »Aufwertung« verstehen wir eine teilweise Entschädigung für entwertete Papiermarkforderungen.
Deprimierende Auswirkungen brachte der »Beamten-Abbau«, das heißt, die Entlassung überflüssiger Kräfte in den Aemtern.
Das Gebiet der Berufswahl wurde erweitert durch ein wissenschaftlich ausgebildetes System der »Berufsberatung«, und die »Normung« wurde eingeführt, um bei der Neubeschaffung verbrauchter Maschinenteile leichter Ersatz besorgen zu können.
Diese Aufzählung könnte beliebig verlängert werden, ja, ein dicker Lexikonband müßte entstehen, wollte man ein Buch herausgeben, in dem sämtliche neuen Ausdrücke, die uns die letzten zwanzig Jahre beschert haben, erläutert werden.
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J 4536: Elegantes Besuchskleid aus schwarzem Marocain mit weißem, ausgezacktem Kragen, der an den Achseln eingefaltet ist. Links Agraffe mit hängendem Garniturteil. Stoffverbrauch: etwa 4,15 m, 1 m Besatzstoff, je 100 cm breit. Schnittgröße 44. Preis RM. 1.—.
J 4537: Elegantes Kleid aus farbigem Crêpe Mongole. Sehr kleidsam ist der geraffte Vorderteil. Rock mit vorderer Faltengruppe. Ledergürtel in dunklerem Ton. Stoffverbrauch: etwa 4,50 m, 100 cm breit. Schnittgröße 44. Preis RM. 1.—.
J 4538: Elegantes Nachmittagskleid aus marineblauem Crêpe de Chine. Dem mäßig weiten Glockenrock liegt vorn ein rund geschnittenes Schößchen auf. Faltiger Vorderteil. Die Ärmel sind im unteren Teil geschlitzt. Stoffverbrauch: etwa 3,20 m, 100 cm breit. Schnittgröße 44. Preis RM. 1.—.
Fotos: Atelier Joel Feder, New York City (Lebensdaten unbekannt).
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J 4539: Jugendlicher Mantel aus gemustertem Wollstoff. Die Revers sind durch untergearbeitete Garniturteile verbreitert. Dunkler Wildledergürtel. Waschbärkragen. — Stoffverbrauch: etwa 3,60 m, 130 cm breit. Schnittgröße 44. Preis RM. 1.—.
J 4540: Eleganter Mantel aus genopptem Wollstoff, vorn breit übereinander greifend. Kragen und Ärmelgarniturteile bestehen aus hellem Persianer. Stoffverbrauch: etwa 3,20 m, 130 cm breit. Schnittgröße 44. Preis RM. 1.—.
J 4541: Flottes Kostüm aus mittelfarbigem Tuch. Geknöpfte Manschetten ergänzen die Ärmel. Links ein breiter Revers, dem sich der Sealstreifen anschließt. Stoffverbrauch: etwa 2,80 m, 130 cm breit. Schnittgröße 44. Preis RM. 1.—.
Fotos: Atelier Joel Feder, New York City (Lebensdaten unbekannt).
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Artikel:
Sell, Anita, Herbsttage am Main (von Anita Sell, unbekannte Autorin).
Dem Artikel sind drei Fotografien beigefügt. Die Bildunterschriften lauten „Die Stammburg der Grafen von Wertheim liegt seit dem 30-jährigen Krieg in Trümmern. Die Nachfolger der Erbauer, die Fürsten Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, residieren jetzt in einem neuen Schloß im Städtchen Wertheim“, „Hoch über Würzburg ragt die Feste Marienberg, einst Residenz der Fürstbischöfe und Trutzburg gegen den aufstrebenden Machtwillen der Würzburger Bürger“ sowie „Malerische Treppen führen zur Ortskirche von Winterhausen, einem idyllischen Weinort zwischen Würzburg und Kitzingen“.
Fotos: Kester (Philipp Kester, 1873-1958).
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