Mode 1918 - 1919

Mantelkleid aus Seiden-Kaschmir — Elegante Welt, Nr. 10 (7), Mai 1918, S. 4. Foto: Eberth
Elegante Nachmittagskleider aus Georgette Crêpe, Seiden Taft und Crêpe Meteor mit Seidenstickereien oder paspelierten, seitlichen Stoffteilen Hamilton Garment Co. Frühjahr/Sommer 1919, S. 8
Frühjahrsmäntel aus einfarbigem Woll-Serge oder kariertem Wollgewebe mit breiten Kragen, Knopfgarnitur oder Tresse Hamilton Garment Co. Frühjahr/Sommer 1919, S. 37
Drei Tageskleider in der modernen Silhouette und ein Mantel mit Pelzbesatz The Designer Heft Nr. 3, Januar 1918, S. 35

In der Frühjahrsmode 1918 zeichnet sich bereits das Ende der Krinoline ab und in der Haute Couture wird die Modelinie von 1914 wieder aufgegriffen. Die Röcke werden zum Saum hin wieder deutlich enger geschnitten, wogegen die Betonung der Hüften bestehen bleibt. So wird der Begriff Tonnenrock für die derzeitige Rockform geprägt. Das Tragen von Überwürfen fördert diese neue Form der Kleider. Auch Tuniken, die 1914 den Höhepunkt erfuhren, erfreuen sich eines neuen Aufschwungs.

Ganz anders jedoch als vor dem Krieg ist die derzeitige Mode durch Einfachheit bestimmt. Durch die Stoffrationierung der vergangenen Jahre war man gezwungen auf alles Überflüssige zu verzichten. Nun wird konsequent die Schlichtheit der Kleidung propagiert, die nun zum Modeideal avanciert.

Die Kleider selbst sind lose und weit geschnitten. Folglich erfordert die derzeitige Silhouette keine übermäßige Akzentuierung der Taille - trotzdem werden Korsetts weiterhin getragen. Die Taille selbst ist jedoch noch sehr hoch - knapp unterhalb der Brust - angesetzt und lässt den Oberkörper sehr kurz und schmächtig erscheinen.

Die Mäntel sind etwas kürzer geschnitten, so dass ein kleiner Teil des Rocksaumes unter dem Mantel zum Vorschein kommt. Übermäßig große Taschen und Knöpfe sind charakteristisch für die neuen Mäntel. Der kurze Revers des Mantels geht in einen ausladenden Kragen, der fast die Ausmaße eines Capes annimmt, über.

Einfache Frisuren tagsüber

Die Einfachheit der Frisurenmode hat sich langsam aber sicher überlebt. Tagsüber trägt man die Haare als griechischen Knoten oder als geflochtenen Zopf im Hinterkopf. Zu abendlichen, festlichen Anlässen werden jedoch wieder aufwendigere Hochsteckfrisuren getragen. Dazu bemerkt die Elegante Welt in der ersten Januar Ausgabe:

„Besonders die Abendfrisur will sich nicht mehr mit der bisher geübten Zurückhaltung bescheiden. Der ‚glatte Kopf’ hat sich überlebt. Reiche Ondulation in breiten weichen Wellen fallen über die Stirn und Schläfen; Ringellöckchen tauchen auf und der beliebte ‚neugriechische’ Knoten wird gern aus schönen Locken hergestellt.“1

Gerade für die aufwendigeren Frisuren werden Fremdhaarteile in das eigene Haar eingearbeitet, um das Eigenhaar nicht unnötig der strapazierenden Prozedur auszusetzen. Überdies ist es auch einfacher die Fremdhaarteile in die gewünschte Anordnung zu bringen als das eigene Haar.

Natürliche Schönheit - wenig Schminke

Schminke wird nur äußerst dezent verwendet: man pudert sich, benutzt nur - wenn überhaupt - ein wenig Rouge für die Wangen und hellen Lippenstift. Noch haftet der Schminke ein unanständiger Ruf an.

Kriegsauswirkungen auf die Mode

Mit dem Kriegsende im November 1918 enden noch nicht die Rationierung und der Mangel der Kriegsjahre. Neben der Versorgung mit Nahrungsmitteln ist auch das restliche Warenangebot der Kaufhäuser und Geschäfte im Deutschen Reich äußerst begrenzt. Dies ist auch ein Ergebnis der Seeblockade deutscher Häfen, die noch bis zur Unterzeichnung des Versailler Vertrages im Sommer 1919 aufrecht erhalten wird. Erst in den folgenden Jahren normalisiert sich das Angebot an Kleidung und anderen Waren. Gleichzeitig nimmt die Geschwindigkeit der Geldentwertung im Deutschen Reich zu und so bleiben viele Waren unerschwinglich.

Nicht nur im Deutschen Reich, sondern auch bei den Alliierten des Ersten Weltkriegs Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Statten hat der Krieg zu einer spürbaren Verknappung an Waren aller Art geführt. Allein in den USA haben sich die Preise zwischen 1914 und 1920 nahezu verdoppelt. Gerade in Versandhauskatalogen wie z.B. von Sears, Roebuck and Co. oder Montgomery Ward lassen sich dramatische Preissprünge beobachten, wenn man die Preise der Vorkriegsjahre mit den aktuellen Preisen vergleicht.



Fußnoten

1 O. V., Ratgeber der „Eleganten Welt“. Die moderne Frisur, in: Elegante Welt, Nr. 1 (7), 2. Januar 1918, S. 15.

>